Therese Schlesinger, geborene Eckstein: Chronologie
Geboren am 6.6.1863 in Wien als Tochter einer jüdischen, großbürgerlichen, liberalen Familie.
Ihr Vater Albert Eckstein war Chemiker, Erfinder, Gründer einer Pergamentfabrik in Perchtoldsdorf.
Mutter Amalie, geb. Wehle;
Nach dem Tod des Vaters übernahm die Mutter Amalie Eckstein die Leitung der Fabrik in Wien V. und richtete dort die erste Schulküche ein. Mit ihren Schwestern hatte Therese dort Küchendienst zu versehen und erhielt Einblicke in das Leben der ArbeiterInnen.
Bürgerschule, Privatuntericht.
Besuch von Vorlesungen an der Wiener Universität.
1888 Ehe mit dem Bankbeamten Viktor Schlesinger (geb. Wien, 11. 2. 1848; gest. ebenda, 23. 2. 1891).
1888 Ehe mit dem Bankbeamten Viktor Schlesinger.
15. 8. 1889 Geburt der Tochter Anna, bei der Geburt der Tochter zog sie sich eine schwere Infektion zu, was zu langer Krankheit und einer dauernden Körperbehinderung führte.
1891 Tod ihre Mannes Viktor Schlesinger an Tuberkulose.
1894 Beginn der Zusammenarbeit mit Auguste Flickert und Marie Lang im Allgemeinen Österreichischen Frauenverein, dem AÖFV, einer radikal bürgerlichen Frauenbewegung, die 1893 bis 1913 bestand, dort Vorstandsmitglied.
Begann zu publizieren. In der „Volksstimme“ Forderung der Zulassung von Frauen zum Stuudium an der Universität und des Frauenwahlrechts. Später in der „Arbeiterzeitung“, in „Die Unzufriedene“, in „Der Kampf“, „Die neue Zeit“ (Berlin).
Emma Eckstein, ihre Schwester, folgte ihr Ende der 1890er Jahren in den AÖFV.
1896 Teilnahme an der von der Ethischen Gesellschaft in Zusammenarbeit mit verschienden Organisationen veranstalteten Enquete zur Lage der Wiener Arbeiterinnen, lernte dort Adelheid Popp, Anna Boschek und Victor Adler kennen. Mit Victor Adler lebenslange Freundschaft.
1897 Beitritt zur Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs, Bezirksorganisation Landstraße, Mitglied der Frauensektion der Gewerkschaft der Buchbinder und des Arbeiterinnen-Lese- und Diskutierklub „Libertas“.
1898 Engagement beim Buchbinderstreik.
1898 Delegierte bei der ersten Sozialdemokratischen Frauenreichskonferenz.
1899 war sie als Delegierte der Handelsgehilfinnen Mitglied des Frauenreichskomitees.
Trat für politische Schulung der Frauen ein, Schulungstätigkeit in Partei- und Gewerkschaftsorganisationen
1901 Wahlkampfeinsatz für Victor Adler.
1901 Gründungsmitglied des Vereins Sozialdemokratischer Frauen und Mädchen.
1907 Teilnahme an der ersten Internationalen Sozialdemokratischen Frauenkonferenz (Kopenhagen).
1911 Vorsitz bei: Erster Internationaler Frauentag (Wiener Sofiensäle).
1914 Auf Seiten der pazifistischen Linksopposition um Friedrich Adler.
1916 Vorstandsmitglied im Parteischüler-Bildungsvereins „Karl Marx“ (oppositionelles Sammelbeckens in der österreichischen Arbeiterpartei).
1919 Delegierte des Sozialdemokratischen Frauenreichskomitees bei der zweiten Reichskonferenz der deutschösterreichischen Arbeiter im Parlamentsgebäude.
1917 Delegierte an der 3. Zimmerwalder Konferenz.
1919 Mitglied des Parteivorstandes und der Konstituierenden Nationalversammlung.
4.3.1919 bis 1923 Abgeordnete zum Nationalrat.
23. 2. 1920 Selbstmord von Tochter Anna Schlesinger, die an schweren Depressionen litt.
1920er Jahre: Therese Schlesinger war eine Befürworterin der Psychoanalyse Sigmund Freuds (eine Minderheitenposition innerhalb der Arbeiterbewegung) und forderte ihre Einführung in den Arbeiterkrankenkassen. „Wenn die Sozialdemokratische Partei ”endlich darüber hinaus sein werde, die primitivsten Lebens- und Kulturnotwendigkeiten der Menschen” erkämpft zu haben, werde sich zeigen, ”wie sehr die Menschenseele bisher vernachlässigt worden” sei. (1927)
1923 bis 5.12.30 Abgeordnete zum Bundesrat, ihr Ausscheiden erfolgte aus Altersgründen.
1926 Mitarbeit am „Linzer Programms“ zu Frauenfragen.
Oktober 1933 Auf dem außerordentlicher Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Rücktritt aus dem Parteivorstand aus Altersgründen.
1934 Bürgerkrieg, Niederlage des Schutzbundes, gefolgt vom Verbot der Sozialdemokratischen Partei.
1939 Emigration im Alter von 76 Jahren und schwer krank nach Frankreich.
Sie verbrachte ihr letztes Lebensjahr in einem Sanatorium in Blois bei Paris.
Sie starb am 5. Juni 1940, einen Tag vor ihrem 78. Geburtstag und sechs Tage vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris.
Die in den Jahren 1929/30 nach Plänen von Cäsar Poppovits anstelle eines ehemaligen Vorstadt-Wirtshauses errichtete Wohnhausanlage, 8., Wickenburggasse 15, trägt den Namen Therese-Schlesinger-Hof.
Der Schlesingerplatz in der Josefstadt wurde 1901 nach dem christlich-sozialen (und antisemitischen) Reichsratabgeordneten Josef Schlesinger benannt, die Neubenennung nach Therese Schlesinger erfolgte 2006.
Redaktion: CD, 28.12.2016