Sigmund Freud (1926): Karl Abraham †
Am 25. Dezember starb in Berlin Dr. K. Abraham, der Vorsitzende der von ihm gegründeten Berliner Gruppe und gegenwärtig Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Er erlag, noch nicht fünfzig Jahre alt, einem internen Leiden, gegen das sich sein kräftiger Körper schon seit dem Frühjahr 1925 zu wehren hatte. Auf dem letzten Kongreß in Homburg v. d. H. schien er zu unser aller Freude genesen; eine Rezidive brachte die schmerzliche Enttäuschung.
Mit diesem Manne —
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begraben wir eine der stärksten Hoffnungen unserer jungen, noch so angefochtenen Wissenschaft, vielleicht ein uneinbringliches Stück ihrer Zukunft. Unter allen, die mir auf die dunklen Wege der psychoanalytischen Arbeit gefolgt waren, erwarb er eine so hervorragende Stellung, daß nur noch ein Name neben seinem genannt werden konnte. Das Vertrauen der Mitarbeiter und Schüler, das er in uneingeschränktem Maße besaß, hätte ihn wahrscheinlich zur Führerschaft berufen und sicherlich wäre er ein vorbildlicher Führer zur Wahrheitsforschung geworden, unbeirrt durch Lob und Tadel der Menge, wie durch den lockenden Schein eigener Phantasiegebilde.
Ich schreibe diese Zeilen für Freunde und Kollegen, die Abraham so gekannt und geschätzt haben wie ich. Diese werden leicht verstehen, was mir der Verlust des um so viel jüngeren Freundes bedeutet, und werden es verzeihen, daß ich keinen weiteren Versuch mache, schwer Sagbarem Ausdruck zu geben. In dieser unserer Zeitschrift wird ein anderer die Schilderung von Abrahams wissenschaftlicher Persönlichkeit und die Würdigung seiner Arbeiten unternehmen.
Freud, Sigmund (1926). KARL ABRAHAM †. GW 14, 564.
Redaktion: CD, 27.8.2012