Herbert Rosenfeld - Chronologie

Geboren am 2.7.1910 in Nürnberg als Kind einer jüdischen Familie sollte er später einmal im väterlichen Familienunternehmen mitarbeiten, entschied aber dann für das Medizinstudium.1934 nach dem Studium an deutschen Universitäten Promotion in Medizin. Seine Dissertation handelte von den Auswirkungen „Multipler Absencen in der Kindheit“.

1935 Emigration nach London:

„In Deutschland von 1933-1934 hatte ich jedoch keine Gelegenheit, die Untersuchung psychisch kranker Kinder und Erwachsener fortzusetzen. Das Hitler-Regime verbot nicht-arischen Ärzten den persönlichen Kontakt mit Patienten.“ (Rosefeld 1990, 4)
 

1936 Zulassungsprüfung für die Ausübung des Arztberufes in England.
Nach einer neunmonatigen Wartezeit, in der er in einem psychiatrischen Krankenhaus nahe Oxford und am Maudsley Hospital in London arbeitete, absolvierte er eine zweijährige Ausbildung für Psychotherapeuten an der Tavistock Clinic.
1938, als er nach Abschluss seiner Ausbildung autorisiert war, Patienten privat zu behandeln, begann er, systematisch mit psychotischen Patienten zu arbeiten und machte dabei wesentliche Erfahrungen mit dem konkreten Charakter des psychotischen Denkens und den oft verzerrenden Reaktionen der Kranken auf seine Deutungen.
Zu Kriegsbeginn arbeitete Herbert Rosenfeld an der Tavistock Clinic als Psychotherapeut und hörte, wie bewundernd von Melanie Klein gesprochen wurde.
Seine Frau war inzwischen bei Paula Heimann in Analyse und erzählte ihm davon.
Schließlich bewarb er sich bei der British Psycho Analytic Society für die psychoanalytische Ausbildung, wurde angenommen und begann bei Melanie Klein die Analyse.

„Die Analyse bei Melanie Klein war für mich von Anfang an eine Offenbarung. Ich fühlte mich für die Analyse besonders empfänglich, und Melanie Klein hatte die Fähigkeit, die Ängste und Probleme, die mich bedrängten, unmittelbar zu verstehen und zu deuten. […] Der Kontakt mit Melanie Klein als Therapeutin und Denkerin leitete eine neue Arbeitsphase ein.“ (Rosenfeld 1990, 14)
 

Sein zweiter Ausbildungsfall – supervidiert von Sylvia Payne - war eine Patientin (Mildred), die an einem schizophrenen Zustand mit Depersonalisation litt. Über diese Analyse findet sich ein erster Bericht 1947 im International Journal of Psycho-Analysis und im ersten Kapitel seines Buches über psychotische Zustände (1965).
Die Projektionen, denen er in der Analyse von Mildred ausgesetzt war, waren schließlich mit dem Konzept Kleins zur projektiven Identifizierung und der paranoid-schizoiden Position, das sie 1946 vorstellte, besser zu verstehen.
1963 stellte Rosenfeld Formulierungen zum Narzissmus vor, die sich von den Konzepten Freuds erheblich unterschieden.

„In seiner Arbeit über den Narzißmus behauptete Freud (1914c), daß die Libido in psychotischen zuständen wie Schizophrenie und Paranoia sich von Objekt und Außenwelt löse und ins Ich zurückziehe. Einfacher formuliert wollte er damit andeuten, daß solche Patienten dermaßen mit sich selbst und ihrer Sicherheit beschäftigt waren (dermaßen narzißtisch), daß sie keinerlei sinnvolle oder abhängige Beziehung zu jemand anderem herzustellen vermochten. Wenn dies zutraf, dann war eine Konsequenz für die psychoanalytische Therapie die, daß solche Patienten keine Übertragungsbeziehung herstellen und damit keinen Gebrauch machen konnten vom Hauptwerkzeug des therapeutischen Settings, um ihren Zustand zu verbessern.“ (Rosefeld 1990, 26)
Rosenfeld hingegen führte den Terminus „narzisstische omnipotente Objektbeziehung ein und betonte damit, dass es keinen objektlosen Zustand gebe, aber psychotische Patienten eine spezifische Beziehung zu ihren Objekten hätte, in dem sie sich auf narzisstische Weise in höchst omnipotenter Weise auf sie beziehen.
 

1971 stellte Rosenfeld auf dem Internationalen Psychoanalytischen Kongress seine Überlegungen zum destruktiven Narzissmus vor, bei dem eine beträchtliche Idealisierung der destruktiven Anteile des Selbst - verbunden mit einem Gefühl der Allmacht - zu beobachten sind, aber liebevolle, libidinöse, fürsorgliche, wechselseitig abhängige Objektbeziehungen lustvoll abgewertet werden. Die omnipotenten und destruktiven Gefühle sind zudem oft schwer zu erkennen, da sie meist verheimlicht werden. Nach außen gänzlich unabhängig scheinend greifen diese Patienten alles an, was zur Befriedigung ihrer Wünsche geeignet sein könnte.

Seine inzwischen klassischen Arbeiten verweisen darauf, „wie wichtig es ist, Probleme, die durch den von uns so bezeichneten „Narzißmus“ entstehen, richtig zu erfassen und zu behandeln.“ (Rosenfeld 1990, 3)
Beim pathologischen Narzissmus beschrieb Rosenfeld den Aspekt der grandiosen Selbst-Idealisierung. Sie beruht auf einer massiver Spaltung im Sinne einer Vereinnahmung der guten Qualitäten des Objektes in das Selbst und der Projektion der schlechten Selbstanteile in das Objekt, das abgewertet wird (1964).

In späteren Jahren reiste Rosenfeld nach Deutschland und Italien und leitete dort klinische Seminare und Supervisionen.

Am 29. November 1986 starb Herbert Rosenfeld in London.

Werk (Auswahl):

Rosenfeld, Herbert (1947): Analysis of a schizophrenic state with depersonalisation. International Journal of Psychoanalysis. 28: 130-139; republished in: Psychotic States. Hogarth Press, 1965

Rosenfeld, Herbert (1950): Note on the psychopathology of confusional states in chronic schizophrenia. International Journal of Psychoanalysis. 31: 132-137; republished in: Psychotic States. Hogarth Press, 1965.

Rosenfeld, Herbert (1964): On the psychopathology of narcissism: A clinical approach. International Journal of Psychoanalysis. 45: 332-337; republished in: Psychotic States. Hogarth Press, 1965

Rosenfeld, Herbert (1965): Psychotic States: A Psycho-Analytical Approach. London: Hogarth; New York: Int. Univ. Press, 1965.
Deutsche Übersetzung: Zur Psychoanalyse psychotischer Zustände. Gießen: Psychosozial-Verlag, 2002

Rosenfeld, Herbert (1971a): A clinical approach to the psycho-analytical theory of the life and death instincts: An investigation into the aggressive aspects of narcissism‘, International Journal of Psychoanalysis. 52: 169-178; republished in Elisabeth Bott Spillius (ed.): Melanie Klein Today, Vol. 1. London: Routledge, 1988
Deutsche Übersetzung: In: Elisabeth Bott Spillius (ed.): Melanie Klein Heute. Band 1, 299-319

Rosenfeld, Herbert (1971b): Contribution to the psychopathology of psychotic states: The importance of projective identification in the ego structure and the object relations of the psychotic patient. In: Doucet, P;  and Laurin, C. (eds.): Problems of Psychosis. Amsterdam: Excerpta Medica.

Rosenfeld, Herbert (1981 [1965]): Bemerkungen zur Psychoanalyse des Über-Ich-Konfliktes bei einem akut schizophrenen Patienten. In: Zur Psychoanalyse psychotischer Zustände. Frankfurt am Main: Suhrlamp; Neuauflage: Gießen: psychosozial-Verlag, 2002; sowie in: Elisabeth Bott Spillius (ed.): Melanie Klein Heute. Band 1,15-62, 1990

Rosenfeld, Herbert (1981): Zur Psychopathologie und psychoanalytischen Behandlung einiger Borderline-Patienten. Psyche, 1981, 35(4), 338-352

Rosenfeld, Herbert (1987): Impasse and interpretation. Therapeutic and antitherapeutic factors in the psychoanalytic treatment of psychotic, borderline and neurotic patients. London: Tavistock Publications.
Deutsche Übersetzung: Sackgassen und Deutungen: Therapeutische und antitherapeutische Faktoren bei der psychoanalytischen Behandlung von psychotischen, Borderline- und neurotischen Patienten. München, Wien: Verlag Internationale Psychoanalyse. 1990.

Rosenfeld, Herbert (1989): Ein Interview mit Herbert Rosenfeld. Psyche, 1989, 43(2), 142-149

De Masi, Franco (Hg.) (2001): Herbert Rosenfeld At Work: The Italian Seminars. London: Karnac Books

Sekundärliteratur:
John Steiner (1989): The Psychoanalytic Contribution of Herbert Rosenfeld. International Journal of Psycho-Analysis, 70:611-616
David Tuckett (1989): A brief view of Herbert Rosenfeld’s contribution to the theory of psychoanalytical technique. International Journal of Psychoanalysis, 1989;70:619-725.

Links:
Cyril Couve (2012): Herbert Rosenfeld. http://www.melanie-klein-trust.org.uk/rosenfeld
http://www.karnacbooks.com/Product.asp?PID=14616
http://web.psychosozial-verlag.de/psychosozial/details.php?p_id=119

Erstellt von Christine Diercks, 15.10.2012