Sándor Ferenczi - Chronologie
1873 Sándor Ferenczi, jüdischer Herkunft, wurde am 7. Juli in Miskolc, Ungarn, als achtes von zwölf Kindern von Baruch und Rosa Fränkel (geb. Eibenschütz) geboren.
Sein Vater wanderte aus Polen nach Ungarn ein, als Anhänger der liberalen Reformen von 1848 und des ungarischen Unabhängigkeitsaufstandes ließ er seinen Namen magyarisieren, nannte sich Bernath Ferenczi und eröffnete nach dem Scheitern der Unabhängigkeitsbewegung eine Buchhandlung in Miskolc.
1890 Matura am protestantischen Gymnasium in Miskolc.
1890 Medizinstudium in Wien, Promotion 1896.
1897 Rückkehr nach Budapest, erste Anstellung am St. Rochus-Spital in einer Abteilung für Prostituierte, dann in der neurologisch-psychiatrischen Abeilung des Elisabeth-Armenhauses. 1904 Leiter des neurologischen Ambulatoriums des Budapester Allgemeinen Krankenhauses.
1900 Eröffnung einer eigenen Privatpraxis für Psychiatrie und Neurologie in Budapest und Praxis als Allgemeinarzt, die er 1910 aufgibt.
Liest als junger Arzt - angeregt durch seinen Freund Fülöp Stein - Freuds Traumdeutung, die er rezensieren sollte.
Seit 1890 publiziert Ferenczi in medizinischen Fachzeitschriften, besonders in der Zeitschrift Gyógyászat [Therapie], bis 1907 fast 100 Publikationen.
1907 Fülöp Stein weist Ferenczi (wieder) auf Freuds Traumdeutung hin.
1908 Besuch mit Stein bei Freud, der Ferenczi auffordert, auf dem ersten Psychoanalytischen Kongress in Salzburg einen Vortrag zu halten und ihn nach Berchtesgaden einlädt, wo er mit seiner Familie den Sommerurlaub verbringt.
1908 bis 22. 5.1932 Korresponenz zwischen Freud und Ferenczi, die intimste, die Freud - mit Ausnahme von Wilhelm Fließ - mit einem Mitarbeiter und Freund pflegte.
1908 Vortrag auf der ersten internationalen Zusammenkunft der Psychoanalytiker in Salzburg. Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung.
1909 Begleitet Freud gemeinsam mit C.G. Jung auf einer Vortragreise an die Clark University in Worcester, USA.
1910 Ferenczi initiiert auf dem Nürnberger Kongress auf Veranlassung Freuds die Gründung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung.
1911 hält auf dem Weimarer Kongress einen Vortrag zum Verständnis der Homosexualität.
1913 Gründung der Ungarischen Psychoanalytischen Vereinigung zusammen mit Lajos Lévy, István Hollós, Sándor Radó, deren Präsident Ferenczi bis zu seinem Tode bleibt.
Während des Ersten Weltkrieges beschäftigt er sich als Militärarzt im Pápa (Westungarn) mit der Behandlung von Kriegsneurosen. Freud besucht ihn dort mehrmals, Ferenczi kommt nach Wien und unterzieht sich bei Freud einer Analyse „einmal 3, einmal 4-5 Wochen lang“ (Ferenczi-Groddeck, 1986, Brief vom Weihnachtstag 1921).
1918-1919 Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. (Wahl während des Internationalen Psychoanalytischen Kongresses in Budapest 1918).
1919 Ferenczi hat für wenige Monate den ersten Lehrstuhl für Psychoanalyse in Budapest inne.
„Dr. S. Ferenczi, der gegenwärtige Zentralpräsident der „I. Ps.-A. V.“, wurde von der ungarischen Räteregierung zu einer der ordentlichen Professur gleichwertigen Stellung an der Universität Budapest berufen und hält bereits im laufenden Sommersemester vor einem sehr zahlreichen Auditorium ein dreistündiges Kolleg über „Psychoanalytische Psychologie für Ärzte“. Gleichzeitig leitet Dr. Ferenczi die neugegründete psychoanalytische Universitätsklinik in Budapest.“
(Zur psychoanalytischen Bewegung. IZP / V / 1919 / 228)
Nach dem Ende der Monarchie brachte die Asternrevolution eine linksliberale Regierung unter der Führung des „roten Grafen“ Károlyi an die Macht, unter der Ferenczi über eine Studentenpetition zum Professor für Psychoanalyse ernannt wurde. (Géza Roheim erhielt den Lehrstuhl für Anthropologie). Kurz darauf übernahm Béla Kuhn die Macht, Ferencis Ernennung wurde von der Räterepublik bestätigt, nach der Machtergreifung des präfaschistischen Regimes Horthys aber sogleich annulliert. Es folgte der Ausschluss aus der Ärztekammer und seine Enthebung aus allen öffentlichen Ämtern.
1919 Heirat mit Gizella Pálos (1863-1949, geb. Altschul). Er lebte vor seiner Ehe im Budapester Hotel Royal, einem bekannten Treffpunkt der Literaten.
Ferenczi lernte Gizella wahrscheinlich 1904 kennen. Im Oktober 1911 teilte Ferenczi Freud mit, dass er sich in Elma Pálos, die Tochter Gizellas (seiner Geliebten), verliebt hatte, die bei ihm wegen Depressionen in Analyse war. Am 1.1.1912 drängt er Freud, die Analyse Elmas zu übernehmen, die dann bis Ostern 1912 dauerte. Danach setzte Ferenczi die Analyse mit Elma fort.1919-1926 Experimente zur Behandlungtechnik: „Aktive Technik“.
1920 Vor dem 6. Internationalen Psychoanalytischen Kongress der IPV in Den Haag diskutiert Ferenczi seine Überlegungen: »Weiterer Ausbau der ‚aktiven Technik‘ in der Psychoanalyse«.1925 Auf dem Homburger Kongreß der IPV diskutiert Ferenczi seine Versuche im Referat »Kontraindikationen der aktiven Psychoanalytischen Technik«.
1929 Auf dem Oxforder Kongreß der IPV referiert Ferenczi über seine Fortschritte der Psychoanalytischen Technik.
Ferenczi stößt mit diesen Ansätzen auf Kritk und isoliert sich zunehmend von den anderen Psychoanalytikern und auch von Freud.
1921 lernt Ferenczi Georg Groddeck kennen, verbringt danach einige Kuraufenthalte in dessen Sanatorium in Baden-Baden, zwischenzeitlich korrepondieren die beiden Männer miteinander.
1924 Veröffentlichung von „Versuch einer Genitaltheorie“ und zusammen mit Otto Rank „Entwicklungsziele der Psychoanalyse: Zur Wechselbeziehung von Theorie und Praxis“.
1926/27 achtmonatiger Aufenthalt in den USA auf Einladung der New School of Social Research in New York von Oktober 1926 an. In den USA auch klinische Praxis. Ferenczi erwägt auszuwandern, Freud sucht ihn davon abzubringen und will ihn in Wien wissen.
Dazu findet sich im Korrespondenzblatt der IPV folgender Eintrag:
Dr. S. Ferenczi, Präsident der Ungarischen Psychoanalytischen Vereinigung, beendigte am 2. Juni 1927 seine achtmonatige Lehrtätigkeit in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Einladung an ihn erging von der New School for Social Research, einer unter Dr. Alwin Johnson’s Rektorat tätigen Schule. In dieser gab er in 18 Vorträgen eine zusammenfassende Darstellung der Entwicklung und des heutigen Standes der Psychoanalyse. In 25 Seminarabenden lehrte er in der unlängst gegründeten Gruppe amerikanischer Laienanalytiker. Zehn Seminarabende gab er einer aus etwa 20 Mitgliedern bestehenden Gruppe ärztlicher Psychoanalytiker. Die „New York Society for Clinical Psychiatry“ lud ihn zum Halten der Eröffnungsrede der Jahressitzung ein. Der Vortrag („Gulliver Phantasies“) wird in dieser Zeitschrift erscheinen. Dr. Salmon, Professor der Psychiatrie an der Columbia-Universität, sowie Professoren der psychologischen Fakultät daselbst veranlaßten ihn, den Universitätshörern Vorträge über die Analyse zu halten. Weitere Einzelvorträge hielt er in der New York Psychiatric Society, in der Child Study Association, sieben Vorträge in Washington den Mitgliedern der dortigen psychoanalytischen Gruppe, einen in der Gesellschaft der Ärzte in Philadelphia, zwei dem Professorenkollegium der Columbia-Universität, je einen in der Ungarischen Ärztevereinigung von New York und in der Vereinigung für Soziale Arbeit. Dabei übte er individuelle Lehrtätigkeit aus. Auf der Rückreise wurde er in London von der British Psycho-Analytical Society empfangen; er hielt daselbst einen freien Vortrag wie auch einen zweiten in der British Psychological Society über Erziehungsfragen. Ein kurzer Besuch bei den führenden Mitgliedern der Pariser und der Berliner Gruppe bildete den Abschluß seiner Auslandsreise.“
(IZP, XIII, 1927, 335)
1930/31 Gründung der psychoanalytischen Poliklinik in Budapest durch Ferenczi.
1932 Vortrag „Sprachverwirrung zwischen den Erwachsenen und dem Kind“ auf dem 12. Internationalen Kongress in Wiesbaden, veröffentlicht 1933 in der Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse.
Sándor Ferenczi stirbt am 22. Mai in Budapest an den Folgen einer perniziösen Anämie.
Text: Fatma Altzinger, 2008
Readktion: CD, Christian Huber, 2010.