Felix Deutsch - Kurzbiografie
Felix Deutsch wurde am 9.8.1884 als Sohn des Bankbeamten Nathan Deutsch und seiner Frau Franziska Bruckner in Wien geboren.
Sein Vater starb bereits 1889, deshalb übernahm sein Onkel, der Fabrikant Ignatz Bruckner, die finanzielle Unterstützung der Familie.
Deutsch maturierte 1903 am Staatsgymnasium im 3. Wiener Bezirk und entschied sich, Medizin zu studieren, obwohl er als begeisterter Klavierspieler ein Musikstudium beginnen wollte.
Als überzeugter Zionist war er während der Studienzeit Mitglied bei der von Theodor Herzl gegründeten jüdischen Studentenverbindung. Dort lernte Felix Deutsch auch Martin Freud kennen und wurde der Familie Freud vorgestellt.
1904 war er Sargträger beim Begräbnis von Theodor Herzl.
Im März 1909 promovierte er in Wien und bekam ein Stipendium bei Professor Friedrich Müller in München, wo er die Kommilitonin Helene Rosenbach kennen lernte, sich im Frühjahr 1911 mit ihr verlobte und sie am 14.4.1912 heiratete.
Felix Deutsch infizierte sich 1913 nach einem medizinischen Versuch mit Hepatitis, was zu einer bleibenden Leberschädigung führte.
1919 habilitiert er sich in Wien für Innere Medizin und errichtete die erste Klinik für Organneurosen. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmete er sich den Herzerkrankungen, der Sportmedizin und der Biopsychologie. An der Universität gab er Kurse für Organneurosen, Psychoanalyse und interne Medizin. Er war einer der Pioniere der psychosomatischen Medizin.
1922 Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung
Am 4.1.1922 hielt er in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung seinen ersten Vortrag über „Psychoanalyse und organische Krankheiten“ und wurde im selben Jahr auch als Mitglied aufgenommen.
1922 wurde das Psychoanalytische Ambulatorium der Vereinigung eröffnet, dabei half Felix Deutsch bei der Suche nach Räumlichkeiten und ermöglichte es, dass das Ambulatorium die Räume der Herz-Station des Allgemeinen Krankenhauses in der Pelikangasse im 9. Wiener Gemeindebezirk mitnutzen durfte. Deutsch hielt im Rahmen des Ambulaoriums einen Kurs mit dem Titel „Was soll der praktische Arzt von der Psychoanalyse wissen?“. Außerdem begann er in diesem Jahr mit seiner eigenen Analyse bei Siegfried Bernfeld. In demselben Jahr konsultierte ihn auch Ida Bauer, die Patientin, die in Freuds „Bruchstück einer Hysterie-Analyse“ „Dora“ genannt wird, und bei der Deutsch, wie er sagte, einen „durchschlagenden“ Erfolg erzielte, da sie nach einer zweistündigen Unterredung ihre Symptome wieder aufgab.
Hausarzt von Sigmund Freud
Ab dem Sommer 1922 wurde er Hausarzt von Sigmund Freud und blieb es bis 1923. Deutsch diagnostizierte 1923 bei Freud eine Leukoplakie, riet ihm den Abzeß entfernen zu lassen, verschwieg ihm aber, daß es sich um ein Karzinom handelte. Freud hatte zwar darauf bestanden, die Wahrheit zu erfahren, Deutsch aber es nicht gewagt, sie ihm mitzuteilen, da Freud an einer funktionellen Herzschwäche litt, die sich durch einen plötzlichen Schock verschlechtern hätte können. Als Freud schließlich die Wahrheit erfuhr, machte er Deutsch Vorwürfe, ihn über das volle Ausmaß seiner Erkrankung im Unklaren gelassen zu haben.
Das Verhältnis zwischen ihnen wurde angespannt. Deutsch trat von seiner Position als persönlicher Arzt Freuds mit der Begründung zurück, das höchste Gut eines Arztes sei das volle Vertrauen seines Patienten, und dieses habe er bei Freud offensichtlich verloren.
Das Verhältnis stabilisierte sich nach diesem störenden Vorfall später aber wieder.
Psychosomatik
Ab 1926 war Deutsch Mitglied der Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie und hielt an der Pariser Sorbonne einen Vortrag über den „Einfluß des psychischen auf das organische Leiden“.
Im Jahr 1927 verwendete er zum ersten Mal den Begriff „psychosomatisch“ und sprach sich gegen die Laienanalyse aus, da er das Heilen als Sache des Arztes ansah.
1934 hielt er in der WPV einen Vortrag „Über Euthanasie“ und musste bis Ende des Jahres in Wien bleiben, da er bis dahin berufliche Verpflichtungen hatte.
Emigration
Er emigrierte Anfang 1935 in die USA und nahm eine Einladung von Stanley Cobb an, seine psychosomatischen Forschungen am Massachusetts General Hospital fortzusetzen. Deutsch entwickelte die spezielle Technik der assoziativen Anamnese.
1937 erschien das von Paul Federn und Heinrich Meng herausgegebene „Psychoanalytische Volksbuch“, in dem Felix Deutsch ein Kapitel über „Die hausärztliche Behandlung und Psychoanalyse“ schrieb. Darin erwähnt er, dass immer die Gesamtpersönlichkeit des Patienten erfasst werden muss. Der Hausarzt ist Mittler zwischen Patient und Psychoanalytiker. Er erkennt oft die erste Ursache, die als eine Art „Urszene“ am Anfang der Neurose steht, und ist also ein Analytiker der Tat. Weiters schrieb er, dass Patienten dazu neigen, Analytiker und Arzt gegeneinander auszuspielen.
Felix Deutsch wurde Lehranalytiker des Boston Psychoanalytic Institute und von 1951-54 Präsident der Bostan Psychoanalytic Society. Er war auch der erste Professor für Psychosomatische Medizin an der Washington University in St. Louis.
Felix Deutsch starb am 2.1.1964 in Cambridge, Massachusetts.
Text: Sabine Zaufarek, 2008
Redaktion: CD, 2008