Hedwig Hoffer-Schaxel - Brief an August Aichhorn
Schaxel war nicht ihr Mädchenamen, sie war schon vor ihrer Ehe mit Willi Hoffer mit einem Professor an der Universität Jena verheiratet und als Tochter von Albert Schulmann und Ernestine Rau in München zur Welt gekommen.
Sie hatte zunächst eine Lehrerausbildung absolviert. 1924 übersiedelte sie nach Wien, machte ihre Lehranalyse bei Anna Freud und interessierte sich insbesondere für die psychoanalytische Pädagogik. Ihr Plan, eine Lehr- und Ausbildungsstätte für die Pädagogik Maria Montessoris in Wien zu gründen gelangte leider nie zur Ausführung. Von 1927 bis 1935 war sie die Analytikern Hermann Brochs, der während der Analyse zum Schriftsteller wurde. 1938 flüchtete sie mit ihrem zweiten Mann Wilhelm Hoffer nach London und wurde Mitglied und Lehranalytikerin der British Psychoanalytical Society.
Am 19. Juli 1948 schreibt sie an Aichhorn:
„Lieber Freund, erinnerst Du Dich an den kalten regnerischen Maitag am Graben, als Du mir den ersten und bis jetzt letzten Kuss gegeben hast? In der ganzen Konfusion und Scham dieser Zeit war Deine Wärme und deine Haltung das einzig tröstliche Moment. Ich habe das nie vergessen und ich bin froh, daß Dein Geburtstag mir den Anlass gibt Dir das zu sagen. Aber Dein Geburtstag ist auch der richtige Tag Dir zu sagen wie viel Anregung und Belehrung ich Dir verdanke. Daß ich einigermassen gelernt habe mit Menschen umzugehen, geht auf meine ersten Eindrücke in Wien zurück, als ich völlig unberührt von Erfahrung und Wissen eine staunende und erstaunte Zuhörerin Deiner Beratung im Rathaus war. Durch Anna und durch Willi weiß ich was Du in der Zwischenzeit alles geleistet und überstanden hast – das erstaunt mich gar nicht. Ich denke aus den gleichen Quellen weißt Du von unserem friedlichen und arbeitsamen Leben. Wahrscheinlich weißt Du auch, daß meine Augen gar nicht sind, wie sie sein sollten und daß meine Briefe deshalb notwendigerweise etwas kurz ausfallen. Tausend gute Wünsche in alter Freundschaft und Bewunderung, Deine Hedwig“ (NAA).
Text: Thomas Aichhorn, 2008
Redaktion: CD, 2008