Rudolf von Urbantschitsch [Urban] - Chronologie

Am 28.4.1879 in Wien als Sohn einer katholischen, adeligen Familie geboren.

Sein Vater war Viktor von Urbantschitsch (1847–1921)

Professor für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an der Universität Wien, Mitbegründer der modernen Ohrenheilkunde und Begründer der psychologischen Lehre der Eidetik (1907):
Viktor Urbantschitsch: Über subjektive optische Anschauungsbilder. Deuticke, Leipzig 1907
Weiterentwicklung:  Oswald Kroh (1887–1955), Walther Jaensch (1889−1950).
Sigmund Freud absolvierte 1883 einen Kurs bei Prof. Urbantschitsch. Aus der Fder Freuds sind zu Urbantschithsch eine Diskussionsbemerkung zu einem Vortrag (19887k) und eine Besprechung einer seiner Arbeiten (1888r) bekannt.
Freud, Sigmund (1887k): Diskussionsbemerkung zu einem Vortrag von [Victor] Urbantschitsch, Über den Einfluß einer Sinneserregung auf die übrigen Sinnesempfindungen, in der Sitzung der Gesellschaft der Ärzte in Wien vom 21. Okt. 1887. In: Anz. Ges. Ärzte Wien (1887), S. 174.   Freud, Sigmund (1888r): Rezension von: Urbantschitsch, V[ictor], Über den Einfluß von Trigeminusreizen auf den Tast- u. Temperatursinn der Gesichtshaut (Pflüger’s Arch. XLI, 1887, S. 46). In: Zbl. Physiol., Bd. 1 (1888), S. 507. 
Eidos: griechisch εἶδος ‚das zu Sehende, Gestalt‘ (Form, Aussehen).
Siehe dazu Platons Dialogen Kratylos, Parmenides (dort meist als „Idee übersetzt), Aristoteles (im Gegensatz zur Materie)
Eidetik: Wissenschaft vom Geschauten.
Philosophie, Phänomenologie seit Edmund Husserl:  Eidetik die Lehre vom Wesen als eine anschaubare Gegebenheit, eidetische Reduktion
Psychologie: spezielle Qualität des Vorstellungsvermögens. „Die Vorstellungen eines Eidetikers können so realistisch wie Wahrnehmungen sein, wobei er – im Gegensatz zum halluzinativen Erlebnis – weiß, dass seine Vorstellungen keine Wahrnehmungen sind. Differentialdiagnostisch sollten eidetische Vorstellungen von Halluzinationen abgegrenzt werden: Eine Wahrnehmung ohne eine äußere Wahrnehmungsquelle wäre demnach eine Halluzination. Der Ausdruck eidetisches Gedächtnis ist auch ein Synonym für das fotografische Gedächtnis.“ (http
://de.wikipedia.org/wiki/Eidetik[2014 04 27])
 

Rudolf Urbantschitsch besuchte das Gymansium im Theresianum in Wien.
1898 Matura, anschließend Medizinstudium in Wien.
1904 Promotion an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.
Arzt im Elisabeth-Spital in Wien und im Sanatorium von Dr. Albert Konried in Edlach bei Reichenau in Niederösterreich, wo Patienten des Hochadels behandelt wurden und 1901 auch die Schwägerin von Sigmund Freud (siehe dazu ein Brief Sigmund Freud an Wilhelm Fließ vom 9.6.1901)
Assistent von Karl von Noorden (1858-1944), Leitung der internen Abteilung von dessen Privatklinik (Sanatorium Löw).

1908 gelang ihm (Besitzer und Direktor) mit einiger einflussreicher Protektion die Gründung des Wiener Cottage-Sanatoriums für Nerven- und Stoffwechselkranke (Baupläne von Hans Kazda). Es wurde „eine der bekanntesten Luxusanstalten Europas, seine Ausstattung und der gesellschaftliche Rahmen mussten höchsten Ansprüchen gerecht werden. Die Wiener Medizinische Schule, die Patienten aus aller Welt anzog, fand in diesem Sanatorium einen Ort, wo alle bekannten Wiener Mediziner ihre reiche Klientel behandeln konnten. Auch Sigmund Freud hatte einige seiner Patienten im Cottage-Sanatorium untergebracht und war des öfteren Gast von Urbantschitsch.“ (Mühlleitner, 1992, 348)
Während des 1. Weltkrieges waren ein Teil des Sanatoriums für Offiziere reserviert.
Rudolf von Urbantschitsch hatte die alleinige Leitung bis 1920 inne.
1922 wurde das Sanatorium verkauft und bestand noch bis 1940.

Wiener Psychoanalytische Vereinigung:
1907 über Vermittlung von Fritz Wittels in die Psychologische Mittwochgesellschaft als Gast eingeführt und am 8.1.1908 (als jüngstes Mitglied) aufgenommen.
15.1.1908: Er hielt dort einen Vortrag zum Thema: Meine Entwicklungsjahre bis zur Ehe. „Der Vortragende schildert an Hand seiner Tagebuchaufzeichnungen seine Entwicklung bis zur Ehe.“ Daraufhin folgte eine ausführliche Diskussion (Protokolle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, Band I, S. 264-268)
1914 Ende der Mitgliedschaft in der WPV (Freud hätte ihm zum Austritt geraten, damit seine Mitgliedschaft ihm in der Leitung des Sanatoriums nicht schade, siehe dazu Mühlleitner, 1992, 349)
Nach Verlust des Anatoriums neuerliche Annäherung an die Psychoanalyse.
1922 Beginn der psychoanalytischen Ausbildung, Lehranalyse bei Paul Federn.
1924 Lehranalyse bei Sándor Ferenczi.
Es gab seinerseits Pläne, in der Nähe von Wien Schloss Weilburg bei Baden zu einem psychoanalytischen Sanatorium auszubauen, es war Freud als ärztlicher Leiter und Urbantschitsch als administrativer Leiter im Gespräch (ebd. 349). Schließlich aber wurde 1922 das Wiener Psychoanalytische Ambulatorium unter der ärztlichen Leitung von Eduard Hitschmann eröffnet.
1923 begann Urbantschitsch mit seine psychotherapeutische und beratende Tätigkeit und bezeichnete sich als Psychoanalytiker, hielt die Psychoanalyse vereinfachende öffentliche Vorträge, stieß auf Kritik der Mitglieder der WPV. Zwei Affären mit Frauen, die im Anschluss daran Selbstmord begingen, sollen ebenfalls dazu beigetragen haben, dass ihm die neuerliche Mitgliedschaft in der WPV verwehrt wurde.
1925 der Versuch, ein psychoanalytisch-pädagogisches Institut zu gründen, war wegen eines Einspruches der Behörden nicht erfolgreich.

Urbantschitsch begann sich mit Endokrinologie zu beschäftigen und arbeitete mit Robert Lichtenstern und Eugen Steinach zu beschäftigen. Freud folgte seinem Rat, sich einer Steinach-Operation (Unterbindung der Samenleiter) zu unterziehen, weil er hoffte, dass diese einen hemmenden Einfluss auf sein Karzinom haben könnte.

Tätigkeit als Schriftsteller, seine Themen hatten meist autobiographischen Hintergrund.
(Unter dem Pseudonym Georg Gorgone publizierte er Theaterstücke und Romane.)

1936 Übersiedelung in die USA, zuerst Niederlassung in Los Angeles als Therapeut, dort Konflikt mit Ernst Simmel und der lokalen psychoanalytischen Gruppe, die ihn nicht als Psychoanalytier akzeptierten.
1937 Übersiedelung nach San Franzisco.
1943 Einbürgerung in die USA als Dr. Rudolf von Urban.
Öffentlich aktiv (Publikationen, Vortragsreisen) auf dem Gebiet der Sexualaufklärung und Ehereform.
Sommer 1948 und Sommer 1952 Vortragsreisen in Europa.
Am 18.12.1964 verstarb Rudolf von Urban in Carmel, Kalifornien

Werk (Auszug):
Rudolf Urbantschitsch (1922): Die innere Sekretion und deren bestimmender Einfluss auf unser körperliches und seelisches Leben: Vortrag, gehalten am 20. Mai 1921 in der philosophischen Gesellschaft der Universität Wien. Wien, Leipzig: Heller
Rudolf Urbantschitsch 1924): Psychoanalyse: Ihre Bedeutung und ihr Einfluss auf Jugenderziehung, Kinderaufklärung, Berufs- und Liebeswahl. Vortr. An Beispielen aus dem Leben. Wien: Perles, Wien 1924 (überarbeitet 1928 in englischer Übersetzung als Psycho-Analysis for All bei Daniel in London erschienen).
Rudolf Urbantschitsch (1925): Moderne Kindererziehung nach psychoanalytischen Erfahrungen: Vortrag. Wien: Perles
Rudolf Urbantschitsch (1926): Selbsterkenntnis mit Hilfe der Psychoanalyse: An Fällen aus der psychoanalytischen Praxis gemeinverständlich dargestellt. Vortrag, gehalten in der Wiener Urania am 14. Jänner 1926. Wien: Perles
Rudolf Urbantschitsch (1926): Das Problem der Seele im psychoanalytischer Beleuchtung. Vortrag. Wien: Perles
Rudolf Urbantschitsch (1927): Wege zur Lebensfreude: Alte Lebensweisheit unter neuen Gesichtspunkten. Vortrag geschöpft aus praktischen Erfahrungen. Wien: Perles
Rudolf Urbantschitsch (1927):Vorwort zu: Kurt Sonnenfeld: Der rote Schleier. Roman. Wien: Salzer
Rudolf Urbantschitsch (1929): Die Probeehe: Aus der Praxis – Für die Praxis. Wien: Phaidon
Rudolf von Urbantschitsch (1930): Praktische Lebenskunde: Vom Weltall zum Ich. Wien: Amalthea
Rudolf von Urban (1958): Myself not least. A confessional autobiography of a psychoanalyst and some explanatory history cases. London: Jarrolds
Rudolf Urban von Urbantschitsch (1951): Sexuelle Erziehung von der Kindheit bis zur Ehe: Neue Wege zu einem vollkommenen Geschlechtsleben und einer glücklichen Ehe. Wien: Czerny. (Sex Perfection and Marital Happiness. Dial Press, New York 1949)
Rudolf von Urban (1963): Das unbewusste Leben. Wien: Amandus, Wien. (Beyond human knowledge: A consideration of the unexplained in man and nature. Rider, London 1958).

Unter dem Pseudonym Georg Gorgone publizierte er Theaterstücke und Romane.

Sekundärliteratur, Quellen:
Mühlleitner, Elke (1992): Biografisches Lexikon der Psychoanalyse. Tübingen: Edition diskord
Nunberg, Herman; Federn, Ernst (Hg.) (1976): Protokolle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, Band I. Frankfurt am Main: S. Fischer
Urbantschitsch, Viktor: Über subjektive optische Anschauungsbilder. Deuticke, Leipzig 1907
http://de.wikipedia.org/wiki/Eidetik[2014 04 27]
http://de.wikipedia.org/wiki/Eidos [2014 04 27]
http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Urbantschitsch [2014 04 27]

Redaktion: CD, 28.4.2014